Gewölbekeller Fidicinstraße

Berlin-Kreuzberg

Bauhistorische Dokumentation einer denkmalgeschützten unterirdischen Anlage

Über den seit 2017 unter Denkmalschutz stehenden Gewölbekellern der ehemaligen Bockbierbrauerei in der Berliner Fidicinstraße 3 soll nach Plänen der Bauwert Gruppe ein neues Stadtquartier mit gewerblicher und privater Nutzung entstehen. Die Keller, die infolgedessen überbaut und zum Teil abgerissen werden sollen, wurden während des Zweiten Weltkriegs umgebaut und von den Nationalsozialisten als Rüstungsfabrik umfunktioniert. Aufgrund des historischen Zeugniswertes der 20 Kellergewölbe samt deren Erschließung wie Flure und Treppen erarbeitet D:4 eine umfassende bauhistorische Dokumentation mit besonderem Fokus auf die Zeit als NS-Produktionsstätte.

Zeitschichten unter der Erde

Bis in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts reicht die Bebauung des Grundstücks zurück. Das rund 13.000 m² große Areal befindet sich im Berliner Stadtteil Kreuzberg. Es liegt nördlich des Tempelhofer Feldes hinter der Blockrandbebauung der Fidicinstraße und der Schwiebusser Straße, die das Gelände im Süden begrenzt. Die Geschichte der Gesamtanlage geht zurück ins Jahr 1838 als Georg Leonard Hopf das Grundstück auf dem Tempelhofer Berg erwarb und eine Brauerei samt Gärkellern bauen ließ. Jedoch brannte der oberirdische Teil bereits 1842 vollständig ab. Lediglich die Kellergewölbe aus dieser Zeit sind heute noch erhalten und stellen den ältesten Teil des Komplexes dar.

Zwischen 1860 und 1905 entstanden im Zuge einer angestiegenen Produktionskapazität sowohl oberirdische als auch unterirdische Erweiterungsbauten. Dazu gehört auch das 1905 errichtete, repräsentative Schwankhaus nach dem Entwurf der Baumeister Lachmann und Zauber, das eines der wenigen noch heute erhaltenen überirdischen Gebäude ist. Bis 1920 wurden hier – unter wechselnden Eigentümern – Bier hergestellt und der Ausschank betrieben. Seit der Einstellung der Bierproduktion etablierte sich das Gelände als Standort für andere produzierende Gewerbe sowie als Lagerstätte.

Während des Zweiten Weltkriegs wurden die Gewölbekeller als unterirdische Fabrik von Rüstungsgütern genutzt. Dieser Nutzung ab 1944 durch das AEG-Tochterunternehmen Telefunken gingen zum einen die Umwandlung von Telefunken vom Forschungs- zum Fertigungsunternehmen im Dienste der NS-Rüstungsindustrie voraus, zum anderen die Verlagerung von Teilen der Elektroröhrenproduktion an verschiedene unterirdische Standorte. Unter dem Decknamen „Lore II“ und „Werkstatt Schmidt“ wurden 1944 die Keller in der Fidicinstraße zu einer unterirdischen Rüstungsfabrik mit dem Schwerpunkt Röhrenherstellung umgebaut und erweitert. Nicht überbaute Kellerbereiche wurden zur Bombenabwehr mit einer dicken Betonschicht bedeckt. Diese massive Zerschelldecke über Teilen des Gewölbes legt noch heute von der nationalsozialistischen Übernahme des Areals Zeugnis ab.

Ziel

Als erfahrenes Büro im Bereich Denkmalpflege und Denkmalsanierung hat D:4 seit 2021 in enger Abstimmung mit den Denkmalschutzbehörden die Erarbeitung einer umfänglichen Bestandsdokumentation übernommen, die den Anforderungen des Denkmalschutzes gerecht wird. Dazu zählt die Grundlagenermittlung mit der Recherche zu Literatur, Forschungsstand und historischem Planmaterial und Dokumenten sowie deren Aufarbeitung. Außerdem begleitet D:4 die Arbeit zum verformungsgerechten Aufmaß und erstellt die Fotodokumentation und Bauteilkartierung sowie ein 3D-Modell. Auch obliegt D:4 das Monitoring von Abbrucharbeiten und die Erstellung eines Maßnahmenkatalogs zur Sicherung der historischen Substanz während der Abbruch- und Neubauarbeiten in der Fidicinstraße 3/ Schwiebusser Str. 14-16.

> Stadtquartier Neue Bockbrauerei der BAUWERT Gruppe

> Artikel Tagesspiegel: Spuren der Zwangsarbeit in Berlin (12.08.2019)

> Vortragsrunde vom 20.5.2021 bei Youtube mit Thomas Irmer, Dr. Bernhard Kohlenbach, Dr. Christoph Rauhut und Dr. Christine Glauning